Max Minsky und ich

Max Minsky und ich

Kinofilm

Die 13-jährige Nelly hat für oberflächlichen Girls-Talk einfach keine Zeit – Bücher sind ihre einzigen Begleiter, denn sie will einmal Astronomin werden. Die Liebe zu den Sternen verbindet sie mit ihrem Schwarm, dem süßen 16-jährigen luxemburgischen Prinzen Edouard. Als das Mädchen-Basketball-Team ihrer Schule zum Wettkampf nach Luxemburg unter Edouards Schirmherrschaft eingeladen wird, steht für sie fest: Sie muss in die Mannschaft!

   
Doch Nelly ist eine totale Niete in Sport und braucht dringend Hilfe. Gut, dass es den Nachbarsjungen Max Minsky gibt und dieser sich auf Nellys Deal einlässt: Max bringt ihr Basketballspielen bei, dafür erledigt sie seine Hausaufgaben. Denn Max bringt zwar hervorragend den Ball ins Netz, ist aber in der Schule ein Versager. Durch das tägliche Üben auf dem Court bleibt allerdings Nellys Hebräisch-Unterricht auf der Strecke, so dass ihre bevorstehende Bat Mizwa gefährdet ist – sehr zum Leidwesen ihrer jüdischen Mutter Lucy. Nelly versucht Familie, Sport und Schule unter einen Hut zu bringen, doch schließlich muss sie sich entscheiden für das, was ihr wirklich wichtig ist…

“Max Minsky und ich” wurde nach dem Roman “Prinz William, Maximilian Minsky und ich” frei adaptiert. Gedreht wurde der Film 2006 in Berlin. 2007 kam er ins Kino.

   

Regie: Anna Justice
Drehbuch: HJR
Kamera: Ngo the Chau
Szenenbild: Andreas Olshausen
Schnitt: Uta Schmidt
Redaktion: Kerstin Wiedé
Produzentin: Maria Kopf – X-Filme Creative Pool

Nelly Sue Edelmeister: Zoe Moore
Max Minsky: Emil Reinke
Lucy Bloom Edelmeister: Adriana Altaras
Benny Edelmeister: Jan Josef Liefers
Risa Ginsberg: Monika Bleibtreu
Frau Goldfarb: Rosemarie Fendel
Frau Lewi: Hildegard Alex
Melissa Minsky: Susanna Simon

Prinze Charles–Prinz William–Prinz Eduoard

Eines Tages – ich war zwölf und interessierte mich noch nicht richtig für Jungen – stieß ich zufällig in der Schulbibliothek auf ein Buch mit dem Titel »The House of Windsor«. Ich hatte keine Ahnung, was das »House of Windsor« war. Ich kannte das »House of Horrors« in Coney Island, das »House of Representatives« in Washington, D.C., und das »House of Pancakes« am Long Island Expressway. Aber das »House of Windsor«? Keinen Schimmer. Ich schlug das Buch auf…

…und entdeckte Charles Philip Arthur George Mountbatten Windsor, besser bekannt als Prinz Charles, ein flotter junger Royal in einem eleganten dreiteiligen Fischgrät-Anzug. Okay, er war kein Traumtyp. Er hatte Buddha-Ohren, ein seltsam schiefes, irgendwie albernes Gesicht, und seine Nase reichte von New York bis nach Missouri. Aber hey, er war ein echter Prinz. Und er sprach sogar Englisch! Ich war hin und weg.

Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich in der Bibliothek saß und mich fragte, wie es wohl wäre, einen echten Prinzen zu heiraten und ob Charles auf den Thron würde verzichten müssen, weil er mich, eine Amerikanerin, heiratete. Und wenn er es tat, würde er in die USA kommen und mit mir in Queens leben, oder würden wir in ein Haus auf Long Island ziehen, in eines von diesen neuen, modernen im Ranch-Stil? Oder konnte ich sogar auf ein Leben im Buckingham Palace hoffen? Im Geiste richtete ich bereits unser Haus ein. Es gab 14-karätige Gold-Armaturen im Bad, einen seidenen Baldachin über unserem Bett, einen Pool im Innenhof und einen Tennisplatz hinten im weitläufigen Garten.

Doch die Dinge kamen anders. Ich habe den britischen Thronfolger Charles nicht geheiratet. Ich landete in Berlin und irgendwann bezog ich mit Eberhard eine Wohnung im Charlottenburger Kiez. Die Armaturen in unserem Bad sind aus Edelstahl – immerhin.

Sommer 1993. Jüdisches Leben in der USA  war das Thema der Jüdischen Kulturtage. Diese beauftragten mich mit einer One-Women-Show dazu. Ich machte daraus eine literarische Revue in der auch meine Prince-Charles-Geschichte unterkam und der Show den Titel gab. Zwei Jahre später wurde mit dem Stoff ein Hörspiel produziert.

Sommer 1997. Als Prinzessin Diana bei dem Autounfall in Paris ums Leben kam und sich die Presse auf Prinz William stürzte (er war damals 15 und wirklich süß) –, als ich mitbekam, dass die Presse in William einen neuen Star gefunden hatte –, als ich selber erlebte, wie erwachsene Frauen bei seinem Anblick dahinschmolzen, wie Teenager in England, Amerika und selbst in Deutschland verrückt nach diesem gut aussehenden, nun mutterlosen, trauernden jungen Prinzen waren –, fiel mir meine eigene Prinz-Charles-Geschichte wieder ein. Und ich dachte: Wie wäre es, wenn ich diese Geschichte heute spielen ließe?

Ich habe sie zuerst in New York angesiedelt und als Kurzgeschichte für ein Schulwerk (Teen Reader) für den Englischunterricht umgearbeitet. Bald darauf begann ich Arbeit an den Roman. Die Hauptkulisse für den Roman wurde Berlin – die Stadt, die ich neben meiner Heimatstadt New York am besten kenne – und ich beschloss, sie in einem deutsch-amerikanischen Umfeld anzusiedeln, weil ich auch das ganz gut kenne. Die Mutter meiner jungen Heldin wurde, wie ich, amerikanische Jüdin. Auch wenn ich nur sehr selten in die Synagoge gehe, so kenne ich doch viele Frauen in Berlin, die es tun. Sie waren für mich Vorbilder für Nellys Mutter, Lucy Bloom-Edelmeister.

Während sich die Geschichte und die Figuren entwickelten, fiel mir auf, dass es nur wenige Romane für Teenager über junge Juden im heutigen Deutschland gibt. Mein Roman, so dachte ich, könnte da eine Brücke schlagen. Ich beschloss, dass Nelly dreizehn Jahre alt sein sollte. Dreizehn ist ein wichtiges Alter für jüdische Kinder, denn in diesem Lebensjahr feiern sie ihre Bar bzw. Bat Mizwa, die Initiations-Zeremonie, die sie in den Augen der jüdischen Gemeinschaft zu Erwachsenen macht. Mit Nellys Bat Mizwa konnte ich etwas über jüdische Kultur erzählen.

Jetzt hatte ich also zwei Themen: Nellys Schwärmerei für den Prinzen und ihre Auseinandersetzung mit ihren jüdischen Wurzeln. Der Gegenpol von Schwärmerei ist »echte Liebe« oder »echte Freundschaft«, also brauchte ich einen Liebeskandidaten. Hier kam Max Minsky ins Spiel. Wie in den meisten romantischen Komödien musste ich die zwei Hauptfiguren, Nelly und Max, sehr gegensätzlich entwerfen. Also wurde Nelly ein Nerd, eine superintelligente Einzelgängerin, die sich für die Sterne interessierte, und Max ein »geistig Minderbemittelter«, der sich für nichts interessierte – jedenfalls sieht es zunächst so aus. Im Roman spielt Max den Grufti. Das ging nicht ins Drehbuch ein, aber als Gegenpol zu Nellys Begeisterung für das Weltall ist Max im Film fasziniert von Berlins unterirdischer Welt.

Wie in allen Märchen braucht man eine »gute Fee«, also entwarf ich Risa Ginsberg, eine kluge und gläubige polnische Jüdin, die den Holocaust überlebt hatte, und ihre wackeren Freundinnen Frau Goldfarb und Frau Lewi. Ich fügte Nellys Musiker-Vater Benny Edelmeister hinzu, einen Frauentyp, und Max’ überforderte, geschiedene Mutter Melissa Minsky. Nelly selbst brauchte auch eine Gegenspielerin, also wurde Yvonne, 15, geboren. All das würfelte ich durcheinander, und so entstand »Prinz William, Maximilian Minsky und ich«.

Später haben wir fürs Drehbuch den Roman noch mehr durcheinander gewirbelt, verlegten die Handlung von 1997 ins Jahr 2007, trennten uns von Prinz William, der mit 25 nicht mehr der anbetungswürdige Star sein konnte, der er mit 15 war, und schufen einen fiktiven Prinz von Luxemburg namens Edouard. Risa Ginsberg, ursprünglich eine 75-jährige Freundin der Familie, wurde eine etwas jüngere Großtante. Erstaunlicherweise haben die Figuren all diese Veränderungen zwischen Roman und Film relativ heil überstanden und sind glaubwürdig geblieben. Noch überraschender ist, dass das, was ich im Frühjahr 2000 über die Idee zum Roman schrieb, auch für den Film gilt:

»Prinz William, Maximilian Minsky und ich« ist die Geschichte von Nellys Erwachsenwerden und ihrer Suche nach Identität, wie sie lernt, ihre Wurzeln anzunehmen, ihre Mutter zu schätzen, die Schwäche ihres Vaters zu akzeptieren, Freundschaften zu schließen und sich der Welt um sich herum zu öffnen. Es ist eine Welt, in der das klügste Mädchen in der Klasse auch das dümmste sein kann. Ein ‘enfant terrible’ kann sich als Prince Charming herausstellen. Es ist eine Welt, in der wir unser Vertrauen in die Gesetze der Naturwissenschaft stecken, aber dennoch unsere religiösen Wurzeln achten können. Es ist eine Welt, in der eine Stadt wie Berlin mit seiner dunklen Vergangenheit auch ein Ort des Lichts werden kann.