Zwischen gefiltem Fisch und gemischten Gefühlen
Jewish-Americans in der Berliner Kulturszene
Sommer 1993. Sie kamen aus amerikanischen Metropolen: die Jewish-Americans, die in der Wendezeit sich in wachsender Zahl mit viel Energie, Esprit, Talent und ein bisschen Chuzpe in der Berliner Kulturszene etablierten.
Was hat sie nach Deutschland, nach Berlin verschlagen – in eine Stadt mit einer großen jüdischen Tradition, aber auch mit einer dunklen Vergangenheit? Was sagten ihre Eltern, Verwandten und Freunde zu Berlin, und wie fühlten sie sich mit ihrer jüdischen Identität unter den Deutschen? Ich habe sechs jüdisch-amerikanische Künstler:innen aus meinem damaligen Bekanntenkreis fürs Fernsehen porträtiert.
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Die Kulturmacher:innen
Der Cabaret-Entertainer DAVID TABATSKY – 1993 erst seit zwei Jahren in Deutschland – fühlte sich von dem Mythos Berlin der 20er Jahre angezogen. LEANORE ICKSTADT, Choreografin, Tänzerin und Mutter zweier erwachsener Kinder – erzählte von ihrem Heimischwerden in Berlin nach dem Mauerbau. Junggeselle HARVEY FRIEDMAN joggte gern auf seiner Lieblingsstrecke vom Südstern nach Treptower Park und zurück, wenn er nicht gerade in dem renommierten Theatr Kreatur spielte – als einziger Jude übrigens in dem auf ostjüdische Stoffe spezialisierten Theaterensemble. ALAN MARKS, Pianist und Komponist, blieb trotz wachsender Fremdheitsgefühle weiter in Berlin, in Deutschland – Franz Schubert und der deutschen Musik zuliebe … und floh nicht vor der deutschen Borniertheit seit der Wiedervereinigung. Der Fotograf EDWARD SEROTTA, Dokumentarist des osteuropäischen Judentums, arbeitete von Berlin aus an seinem Fotobuch über Deutsche und Juden. KATI KOERNER, damals erst 25 Jahre alt, war die jüngste in diesem Künstlerreigen, mit ihrem Regiedebüt am Gripstheater. Sie bezeugte eine erstaunliche Offenheit und Unbefangenheit gegenüber ihren deutschen Umgebung, die mit wachsender Fremdenfeindlichkeit auf Flair und Weltläufigkeit angewiesen war, auf Toleranz, Nachdenklichkeit und Optimismus – wie diese sechs Jewish-Americans in Berlin auf sympathische Weise in diesem 45-minütigen Film verkörperten.